Aha

Hmja, die Nachführgeschwindigkeit war dann doch okay. Die Ausrichtung per Polsucher und inkonsequentes Scheinern hat nicht ganz gereicht. Der grössere Teil der Abweichung kam aber wohl dadurch zustande, dass ich zum Einstellen der Polhöhe nur die eine der beiden Einstellschrauben benutzt und nicht mit der zweiten Schraube gekontert habe.
Zum Thema Fokussieren wurde ich dann noch im Internet fündig. Eine Scheinerblende mit Dreiecken bietet die Möglichkeit über Spikes scharf zu stellen:

Das war erst einmal ein Prototyp aus Pappe. Es sind nicht nur die einzelnen Dreiecke zur Deckung zu bringen, sondern es müssen auch die (neun) Spikes der drei Dreiecke ein gemeinsames Zentrum haben.

So sieht dann eine Scharfstellserie aus:


Damit gehts schon besser. Knapp fünf Minuten fürs Fokussieren, aber dafür ein reproduzierbares Ergebnis.
Aufgrund einer Nachfrage, hier ein Worddokument mit einer für ED 100 und ED 80 passenden, verbesserten Version. Weiterhin war der Guider bei 0,33facher Korrekturgeschwindigkeit langsamer als der Schneckenfehler. Diese also auf 0,67fach gestellt. Ebenfalls besser, aber noch nicht so wie es sein sollte. Dann waren am 27.11. zwar endlich mal wieder wenige Wolken, dafür aber Vollmond. Eine gute Gelegenheit, die einzelnen Komponenten mal zu Testen. Abschliessend dann noch einmal eine M31-Serie.

M31 27.11.2007 quick&dirty, Skywatcher ED 100/900, 23x 45 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (12,5%, Klick aufs Bild für 25%):

Naja, für Vollmond doch gar nicht schlecht. Genaugenommen ists mein bisher bester Andromedanebel. In der letzen Zeit gehts langsam in die richtige Richtung, juhu!

Anna

Gestelltes Problem
Man hat ein Amateurteleskop mit einer Digitalkamera dahinter und möchte Langzeitbelichtungen von Himmelsobjekten machen. Die Belichtungszeiten liegen dabei im Bereich von 15 Sekunden bis 15 Minuten. Zur späteren Verringerung des Bildrauschens werden dabei pro Belichtungszeit gleich mehrere Aufnahmen gemacht. Die kann man dann von Hand per Drahtauslöser steuern. Es macht aber keinen Spass, eine Serie, z.B. 10×30 Sekunden, 10×60 Sekunden, 5×90 Sekunden und 5×120 Sekunden manuell zu steuern.
Weiterhin besteht bei Langzeitaufnahmen das Problem der Abweichung des Teleskops. Mit meinem Refraktor von 900mm Brennweite entspricht ein Bildpunkt der EOS 350 1/5000 Grad Bildwinkel. Wenn also das Fernrohr während der Aufnahme um nur 1/500 Grad abweicht, hat man auf der Aufnahme statt eines Sterns einen Strich mit einer Länge von 10 Pixel. Die Lösung diese Problems besteht darin, dass man parallel zum Aufnahmeteleskop noch ein zweites meist kleineres Fernrohr, ein “Leitrohr” anbringt. Damit sucht man sich einen Stern in der Nähe des aufzunehmenden Objektes, bringt ihn in Bildmitte und hält ihn dort während der Aufnahme, indem man Abweichungen durch kleinere Teleskopbewegungen korrigiert. Das kann händisch mit einem Fadenkreuzokular gemacht werden. Natürlich kann man an das Leitrohr auch eine Webcam anbringen und über das Webcambild “guiden”. Dann könnte man auch noch ein Programm machen, welches das Nachführen automatisch durchführt, einen “Autoguider”. Sowas wollte ich.

Name
Das Programm trägt den Namen meiner Nichte Anna, weil ich mir gern vorstelle, wie sie draussen auf dem Balkon gewissenhaft Kamerabedienung und Nachführung erledigt, während ich mich drinnen, in dem Wissen, dass sie einen guten Job macht, mit den Problemen der Zeitgeschichte befasse.

Algorithmus
Bei den Belichtungsserien musste ich zunächst etwas Hardware basteln. Dafür habe ich meinen Drahtauslöser zerlegt und ein Kabel drangelötet, welches mit einem über meine USB-Karte ansteuerbaren Relais verbunden ist. Dann eine Liste von acht Belichtungszeiten (in Sekunden) mit zugehöriger Bildanzahl. Damit die Kamera das gerade gemachte Bild auf ihrer Speicherkarte ablegen kann, gabs noch eine Wartezeit zwischen den Aufnahmen. Wenn man dann eine Serie startet, werden die Belichtungszeiten über entsprechend gesetzte Timer von oben nach unten abgearbeitet.
Für die Nachführung brauchte ich ebenfalls zunächst eine PC-Anbindung, diesmal für die Teleskopmotoren. In der ersten Version habe ich das über Relais, mit denen ich die Richtungstasten meiner Handsteuerung überbrückte, gelöst, später kam noch eine serielle Anbindung über das “LX200”-Protokoll an meine “Littlefoot”-Teleskopsteuerung hinzu. Der Algorithmus ist recht trivial, nimm ein Webcam-Bild, filtere alle Pixel, die oberhalb eines Schwellwertes liegen, heraus und bilde den Schwerpunkt der restlichen Pixel. Zeichne um diesen Punkt ein diagonales Fadenkreuz. Wenn sich der gefundene Punkt nicht in Bildmitte befindet, setze den jeweiligen Teleskopmotor in Gang. Das klappt gut und ehrlich gesagt fand’ ich die ganze Sache beim ersten Mal etwas unheimlich, als ich danebenstand und die Kamera klicken hörte und die Nachführung brav ihren Stern zentrierte.

Screenshot:

Nachdenken

Warum immer diese Strichspuren, warum, waarruum? Um das genauer zu analysieren, habe ich die M57-Serie vom Vortag einmal ohne Zentrierung überlagert:

Gegend um M57 30.10.2007, Skywatcher ED 100/900, nicht zentrierte Serie, EOS 350D, 1600 ISO:

Gut, man sieht eine Drift (von links nach rechts) weitgehend parallel zur Rektaszensionsachse. In 26 Minuten waren es 106 Pixel, das ergibt über den Daumen 1 Grad pro Tag. Nun tat ich dasselbe für die M57-Serie vom 22.10.:

Gegend um M57 22.10.2007, Skywatcher ED 100/900, nicht zentrierte Serie, EOS 350D, 1600 ISO:

Auch hier ergab sich wieder ein ungefährer Fehler von täglich einem Grad in die selbe Richtung. Da ich den gesamten Kram an beiden Abenden rausgestellt und mit dem Polsucher eingenordet hatte, hat der Fehler nichts mit dem Einnorden/Scheinern zu tun. Ich vermute, dass ich die Steuerung auf solare Nachführgeschwindigkeit gestellt hatte. Das werde ich beim nächsten Mal ausschliessen.

M27, M56 und M57

Halbwegs klarer Himmel, also nächster Versuch. Weiterentwicklung des Autoguiders ist erst einmal zurückgestellt. Montierung wieder möglichst genau eingenordet, erste Testaufnahmen, was für eine Überraschung, Strichspuren bei mehr als 30 Sekunden Belichtungszeit. Interessanterweise waren die Striche parallel zur Rektaszensionsachse und auch von Aufnahme zu Aufnahme unterschiedlich lang. Das lässt vermuten, dass ich mich mal um den Schneckenfehler in dieser Achse kümmern müsste. War mir aber an dem Abend egal, war viel zu heiss drauf, neue Objekte aufzunehmen, dann eben nur 30 Sekunden.
Ich hatte mir eine Fadenkreuzblende gebastelt, die an hellen Sternen deutliche Spikes erzeugt. Damit soll das Scharfstellen angeblich besser gehen. Ein bisschen hats geholfen.

Los gings dann mit M57, hier hatte ich mit 45 Sekunden Belichtungszeit gearbeitet, was dazu führte dass mehr als die Hälfte der ursprünglichen 30 Aufnahmen zu Strichen verzerrte Sterne zeigte. Das ist auch insofern ärgerlich, als die Gesamtbelichtungszeit von ursprünglich 22 Minuten auf effektive 9 Minuten zusammenschrumpfte. Trotzdem ist der Ringnebel diesmal besser geworden als bei den bisherigen Aufnahmen.

M57 30.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 12x 45 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

Danach dann M56, ein Sternhaufen. Naja, vom Hocker gerissen hat der mich nicht so richtig. Den knipse ich so schnell nicht wieder. Falls es dort intelligentes Leben geben sollte, so mögen mir die Bewohner dieses Haufens verzeihen.

M56 30.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 25x 30 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

Abschliessend M27, das war toll. Fürs erste Mal gar nicht schlecht, man kann sogar erahnen, warum M27 auch Hantelnebel genannt wird. Ich muss unverzüglich was gegen den Schneckenfehler tun bzw. mein Autoguiding verbessern, damit ich länger belichten kann.

M27 30.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 28x 30 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

M13

Hurra, am nächsten Tag war der Himmel wieder einigermassen. Alles rausgestellt, mit dem Polsucher peinlich genau eingenordet. Trotzdem schon bei 30 Sekunden strichförmige Sterne. Gut, dann eben 1600 ISO und 20 Sekunden. Ist schon viel besser als der vom Vortag. Wenn ich mir den Schrott, den ich bis jetzt zusammengebracht habe, mal so angucke, dann würde ich diesen M13 sogar als mein bisher bestes Deep-Sky-Foto bezeichnen.

M13 22.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 12x 20 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

M57 habe ich dann auch noch einmal aufs Korn genommen (da konnte ich 30 Sekunden ohne Striche belichten). Im Vergleich zum 13.10. ists aber nicht besser geworden.

M57 22.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 14x 30 Sekunden, EOS 350D, 1600 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

M13

Man kann immer nur das fotografieren, was man am Himmel hat. Im Oktober ist das bei meinem Westbalkon und zu einigermassen zivilen Zeiten z.B. M57. Für die Plejaden, Andromeda und Orion muss ich noch etwas warten. Im Astrosimulator machte ich mich mal auf die Suche nach anderen Anfängerobjekten und bin auf M13 gestossen. Bedingungen waren nicht ideal, Halbmond hellt Himmel auf, Monti nur halbwegs eingescheinert, Autoguider geht immer noch nicht. Egal. Das Teleskop auf Wega gerichtet und von dort per Goto zu M13. Der Haufen stand auf Anhieb im Gesichtsfeld der Kamera und dann gings auch schon los.

M13 quick and dirty 21.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 22x 30 Sekunden, EOS 350D, 800 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

M57

Von der Ausrüstung bin ich ja nun endgültig bei den Halbprofessionellen angekommen. Am 13.10.2007 spielte auch der Himmel ein bisschen mit. Zunächst habe ich versucht M51 und M101 aufzusuchen, da habe ich aber nichts finden können. Bei M57, dem Ringnebel, hats dann geklappt. Asche auf mein Haupt, mein schöner Autoguider hat “underperformed”. Auch ansonsten war die Session purer Frust, okay, Objekt gefunden, aber dann mit dem Lidlsucher einen Leitstern finden…
Mit dem, was sich aus den trotzdem passenden Frames ergab, bin ich dann doch zufrieden.

M57 13.10.2007, Skywatcher ED 100/900, 24x 60 Sekunden, EOS 350D, 800 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

Streulichtblende

Mein Balkonstandort ist aufgrund eines sich in der Nähe befindlichen Busbahnhofs stark durch Streulicht geplagt. Garagen mit Bewegungsmelderbeleuchtung gibts auch noch. Es fällt jede Menge Streulicht in die Optiken und das sieht man auch auf den Aufnahmen. Zunächst habe ich deshalb die Taukappe des ED100 mit Velours ausgekleidet, damit wurde es schon etwas besser. Trotzdem schwebte mir eine Verlängerung der Taukappe vor. Nur womit? Also mit der abgeschraubten Taukappe in den Baumarkt, Sanitärartikel. Verschiedene PVC-Rohre ausprobiert und Bingo!, ein WC-Abflussrohr, wenn man die Dichtung herausnahm, passte es genau, fast etwas zu schwergängig auf die Taukappe. Gabs verschieden lang, ich habe sicherheitshalber zur etwas längeren 40cm-Version gegriffen.

Dann noch Velours rein, so sieht das dann aus.

 

Die Aussenseite könnte man optisch noch etwas aufpeppen, das ist aber sekundär. Ich kann jetzt jedenfalls kein Streulicht mehr auf den Aufnahmen feststellen. Der freie Durchmesser des Rohres beträgt 103 mm, kann sein, dass ich den Refraktor damit etwas abblende.

Geoptik Mikroverstellung

Zur Verstellung des Leitrohres gegenüber dem Hauptteleskop gibt es sogenannte Leitrohrschellen. In denen befinden sich Gewindestempel mit denen man das Leitrohr klemmt und durch Reindrehen auf der einen und Rausdrehen auf der anderen Seite verstellen kann. Das kannte ich schon von der Sucherbefestigung des Lidl und auch des TS 102/1000. Ein elendes Gefrickel, entweder zu lose oder zu fest, keine Reproduzierbarkeit, wenn man mal etwas zu weit gedreht hatte. Sowas wollte ich nicht und entschied mich stattdessen für diese Lösung:

Skywatcher ED 100 Pro

Auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten meiner Astrofotos hatte ich also zunächst bei der Öffnung was draufgetan, dann bei der Montierung. Was mir mit der Zeit (und gerade weil andere Fehlerquellen ausgeschaltet waren) immer mehr auf den Keks ging, war das Fokussieren. Bei meinen bisherigen Rohren und speziell beim 10cm FH gab es keinen genauen Fokuspunkt sondern mehr einen breiteren Bereich erhöhter Schärfe. Selbst mit Scheinerblende konnte man zwar das Doppelbild verkleinern, aber nie zu einem Punkt vereinigen. Deshalb hatte ich ihn für Mondfotos auf 88 mm abgeblendet, woraus meine aus meiner Sicht bis dahin besten Mondfotos resultierten:

Mond 23.1.2007 19:50, TS FH 100/1000, 1/30 Sekunde, EOS 350D, 200 ISO (25%, Klick aufs Bild für 100%):

Ganz ohne Blausaum gings anscheinend nicht. Was nun? Für einen Newton konnte ich mich nicht erwärmen, vielleicht etwas mit derselben Öffnung, aber einer besseren Optik? Eigentlich hatte ich den 10 cm FH was “Deep sky” angeht, noch nicht ganz ausgereizt, weil ich die Monti von der Aufstellung her noch lange nicht an ihre Grenzen getrieben hatte. Aber wenn ich immer nur einen Aspekt verbessern würde, hätte ich noch einen langen Weg vor mir. Warum also nicht einen 10 cm Refraktor mit einer etwas farbreineren Abbildung? Ein “Volksapo” zu einem doch noch erschwinglichen Preis (ungefähr 11 Lidls, allerdings nur für den Tubus).
Ein solches Gerät:

Okay, Entscheidung gefällt, Bestellung, und da war er auch schon. Leicht, mit 3,4 kg weniger als die Hälfte des TS 100/1000. An der Monti konnte ich jetzt mit deutlich weniger Gegengewichten auskommen. Dieses Fernrohr hätte zur Not auch noch auf die Lidlmontierung gepasst. Der Fokussierer wesentlich feinfühliger und beim Scharfstellen einen sehr gut definierten Punkt. Die Achse mit den Scharfstellknöpfen hatte allerdings einen deutlichen Schlag, eben China, sowas liesse sich mit schärferer Qualitätskontrolle leicht beheben aber für den Preis nehme ich das gern selbst in die Hand (insofern kennen die ihre Abnehmer). Optik sieht guut(sic!) aus, fast schon japanisch. Visuell am Tag schon Teleobjektiv-Feeling. Und mit 900mm Brennweite statt 1000 müsste ich doch bestimmte Objekte noch besser draufkriegen. Jetzt noch besseres Wetter.

In der Zwischenzeit war ich insofern fleissig, als ich ein Programm schrieb, welches den Auslöser der EOS 350 steuern, die Monti ansprechen und Webcambilder abgreifen kann. Damit waren also alle Zutaten für einen Autoguider vorhanden.
Am 11. März 2007 war es dann soweit. Zwar nicht so tolles Seeing, aber endlich mal wieder Sterne.

M42 12.3.2007, Skywatcher ED 100/900, 4x60s, 2x45s, EOS 350D, 800 ISO (50%, Klick aufs Bild für 100%):

Die nächsten Massnahmen sind die Verbesserung des Guidingprogramms und vor allem eine Vorrichtung, mit der man das Leitrohr gegenüber dem Teleskop verstellen kann. Mit der starren Verbindung der beiden Rohre hatte ich nach erfolgreicher Leitsternsuche das Motiv meist nicht mehr im Zentrum des Bildes der Canon. Das ist unschön.